Wo die Post per Kahn im Spreewald zugestellt wird

Wenn Postbotin Andrea Bunar mit ihrem gelben Postkahn im Spreewald unterwegs ist, staunen die Touristen. Pakete, Briefe, Postkarten, Kataloge und Werbematerial stellt die einzige Postkahnfrau Deutschlands hier im Spreewalddorf Lehde mit ihrem leuchtenden Kahn zu. Wer jetzt noch keine Kamera gezückt hat, wird wohl das schönste Fotomotiv im Spreewald verpassen.

Postkahn-Saison mit langer Tradition im Spreewald

Schon seit über 125 Jahren wird die Post im Spreewald per Kahn zugestellt. Damals noch in anderen Orten im Spreewald, da viele Dörfer lange Zeit nicht mit dem Straßennetz verbunden waren.

Heute hat sich diese Tradition nur noch im Spreewalddorf Lehde erhalten. Vom Frühjahr bis in den Herbst bekommen die „Lehdschen“, wie die Bewohner des Dorfes hier auch liebevoll genannt werden, ihre Briefe und Bestellungen per Kahn. Wenn die Saison der Postzustellung mit der Rudelübergabe an Postbotin Bunar feierlich eingeläutet wird, sind Medienvertreter der Presse und des Fernsehens aus ganz Deutschland im Spreewalddorf Lehde anwesend. Dann wird die spreewälder Postbotin kurzzeitig zum Medienstar. Ab Anfang April bis Mitte Oktober sieht man Frau Bunar und ihren auffälligen Postkahn durch den Ort fahren.

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In der restlichen Zeit des Jahres ist die Postfrau in Lehde mit dem Postauto unterwegs. Was recht beschwerlich ist, denn in Lehde befinden sich nahezu alle Häuser am Wasser und sind somit nur über eine oder mehrere Stufenbrücken erreichbar. Für Frau Bunar heißt das, Pakete und Briefe müssen zu Fuß über Brücken getragen werden. Ein Fitnessstudio kann sie sich also getrost sparen.

Postfiliale on tour

Bei Wind und Wetter muss Frau Bunar mit dem Kahn raus und über die Fließe die Post zustellen. Im Kahn stehend ist die Postbotin so täglich etwa 2 Stunden unterwegs. Circa 8 Kilometer legt sie am Tag auf dem Wasser zurück. In einer Postkahnsaison kommen so einige Kilometer zusammen. Doch Frau Bunar verteilt nicht nur die Post in Lehde. Sie sammelt Briefe und Postkarten von Anwohnern und Gästen ein, leert die Briefkästen an einigen Gaststätten, verkauft Briefmarken und man kann sogar Pakete bei ihr aufgeben. Jeden Tag steuert sie mit ihrer schwimmenden Postfiliale etwa 65 Haushalte an, trägt in der Woche circa 80 Pakete und mehr als 600 Briefe aus.

Postkahn ohne Motor

Stolze neun Meter Länge hat der große Postkahn zu bieten. Voll beladen mit Paketen und Briefen muss die Postbotin den Kahn ganz traditionell mit einem etwa 4 Meter langem Rudel (Ruderstange) vorwärtsbewegen, klimaneutral, mit reiner Muskelkraft. Ein Motor ist hier nicht erlaubt, denn wir befinden uns im geschützten Biosphärenreservat. Geschickt manövriert sie den Kahn durch die engen Fließe im Spreewald. Und muss in der Reisehochsaison auch auf Paddler und Touristenkähne achtgeben. An manchen Tagen schmerzen die Oberarme, denn leicht ist das Kahnfahren mittels Rudel nicht.
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Wintersaison im Spreewald

Wenn die Tage kürzer werden, ist auch die Postkahnsaison zu Ende. Das ist immer etwa Mitte Oktober. Der Kahn bleibt in der Postkahngarage, die sich für Touristen fast unmerklich an einer Hauptader der Spree befindet. So laut und feierlich, wie der Saisonstart im Frühling eingeläutet wurde, so leise verabschiedet sich der Postkahn im Herbst aus den Kanälen des Spreewaldes. Wer also das begehrte Fotomotiv „Postfrau im Postkahn“ selbst knipsen möchte, muss im Frühjahr wiederkommen.